Fasch Festtage 2019

Ich hatte die Freude bei den 15. Internationalen Fasch Festtagen mit dabei zu sein, da ich das Magnificat für Orchester und Chor von Fasch neu arrangiert und komponiert habe. Im zweiten Teil des Abschlusskonzertes spielten wir mit dem Cristin Claas Trio unser sinfonisches Programm mit Chor und Orchester.
Anbei ein Interview im Vorfeld mit der Volksstimme:

1. Wann und wie sind Sie das erste Mal auf den Hofkapellmeister Fasch gestoßen?

Ich stamme aus Dessau und bekam als kleiner Musikschüler mit, dass es da einen Komponisten namens Fasch aus Zerbst gab, aber da er nicht so viel für das Soloklavier geschrieben hat, war er für mich nicht so präsent. Man muss aber auch dazu sagen, so ein richtiges Klavier gab es zu seinen Lebzeiten auch noch nicht. Ich habe später in meinem Musikstudium in Leipzig im Fach Musikgeschichte über Johann Friedrich Fasch erfahren, dass er damals seine Bewerbung als Thomaskantor zurückzog und somit Bach in die Geschichte als der große Thomaskantor eingehen konnte. Und das angeblich auch nur aus dem Grund, weil er Lateinunterricht hätte geben müssen. Diese Absage können heute immer noch einige Dirigenten gut verstehen. Das war die grobe Ausgangslage meines Wissens über Fasch.

2. Wie entstand die Idee zu „Fasch meets Jazz“?

Ein kleiner Spaß vorneweg – Fasch war angeblich zeitlebens immer klamm, womit er viel mit einem Jazzmusiker von heute gemein hat. Aber im Ernst: Die Idee kam vom Universitätsmusikdirektor Jens Lorenz aus Halle/Saale. Mit ihm und seinem Universitätschor haben meine Band, das Cristin Claas Trio, und ich schon viele schöne Konzerte gespielt und uns verbindet immer die Suche nach spannenden musikalischen Projekten. Jens Lorenz fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, das Magnificat von Fasch, das mit einem lateinischen Text aus dem Lukasevangelium unterlegt ist, musikalisch für Kammerorchester, Kammerchor und Solisten modern zu bearbeiten. Es hat mich sehr gereizt, Jazzelemente, Improvisationen und Popakkordfolgen in die originale barocke Musik hineinzukomponieren.

3. Wie schwierig ist es, barocke Fasch-Melodien swingen zu lassen?

Zunächst muss man festhalten: Die Dramaturgie innerhalb eines Musikstückes hat sich über die letzten 300 Jahre schon arg verändert. Für viele Musikhörer sind heutzutage drei Minuten schon richtig lang, da scheint es fast übermenschlich, während einer Oper drei Stunden lang durchzuhalten. Aber auf der anderen Seite bleibt eine schöne Melodie eben eine schöne Melodie, über all die Jahrhunderte und sie erreicht die Zuhörer. Man muss sich immer vor Augen halten, wofür die Musik damals geschrieben wurde. Wurde die Musik für die Kirche komponiert oder sollte der Fürst beim Abendessen musikalisch unterhalten werden, Netflix gab es ja noch nicht.
Meine Bearbeitung des Magnificats ist keine Swingversion der Komposition, ich habe auch kein klassisches Jazzschlagzeug besetzt. Allerdings werde ich an einigen Stellen perkussiv mit einer Udu, einem afrikanischen Instrument, und einer südamerikanischen Cajon rhythmische Elemente übernehmen. Aber das Spannendste für mich an der Bearbeitung des Magnificats ist, bestimmte Teile der Komposition zu verlängern, neu zu komponieren und andere Parts zu straffen und radikal neu zu arrangieren. Wie bei einem großen gewebten Teppich an einer Stelle die Fäden aufdröseln und anders weiterweben, um das Ganze dann an einer anderen Stelle mit dem originalen Muster wieder zusammenzufügen. Der Gitarrist Stephan Bormann und ich werden zudem hier und da improvisieren. Aber um keine Angst aufkommen zu lassen: Ich bin ein großer Fan von tonaler und wohlklingender Musik.

4. Was erwartet die Besucher bei „Fasch meets Jazz“?

Die dramaturgische Idee des „Fasch meets Jazz“ Konzertes ist es, am Anfang mit orginalen Faschkompositionen für Orchester und Chor zu beginnen und dann meine Bearbeitung des Magnificats zu spielen. Im zweiten Teil des Konzertes erklingt Musik des Cristin Claas Trios, sowohl mit Begleitung durch Orchester und Chor, als auch das Trio allein. Wir als Trio haben letztes Jahr unser neues Album „Frei“ mit Arrangements von Kunst- und Volksliedern in unserem eigenen Sound produziert – von „Die Gedanken sind frei“ bis zu „Auf Flügeln des Gesanges“ von F.M. Bartholdy. Diese Kompositionen habe ich für Kammerorchester und Chor arrangiert. Wir werden aber auch einige englische und fantasiesprachige Titel spielen, improvisieren und Spaß haben.

5. Sie binden ebenfalls Schüler des Zerbster Francisceums ein – inwiefern?

Ich war im Februar für einen Tag zu Gast im Francisceum in Zerbst und habe mit dem Schulchor und einigen Solisten zusammen gearbeitet und Musik gemacht. Am Ende des Tages, nach unserem herrlichen gemeinsamen Konzert, entstand der gemeinsame Wunsch, beim Abschlusskonzert der Fasch Festtage musikalisch mitwirken zu können. Bis jetzt war es noch ein kleines Geheimnis, aber es werden wohl zwei Nachwuchssolisten auftreten, ein sehr talentierter Pianist und eine tolle junge Sängerin, und am Ende ist angedacht, mit dem Chor des Francisceums und allen weiteren Musiker gemeinsam zu spielen. Aber das muss unter uns bleiben. (lächelt)

6. Zu guter Letzt: Worauf freuen Sie sich bei „Fasch meets Jazz“ am meisten? Sprich, mit welcher Erwartungshaltung gehen Sie an das Konzert heran?

Faschs Geburtstag ist der 15. April 1688 – also fast auf den Tag genau 331 Jahre nach seiner Geburt werden wir in seinem Gedenken dieses Konzert spielen mit Musik von ihm und vom Cristin Claas Trio. Ich freue mich besonders auf die Zusammenarbeit mit dem Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode, dem Kammerchor der Universität Halle/Saale und den Solisten unter der Leitung von Jens Lorenz.
Ich hoffe, dass nach dem Konzert vielleicht auch die jungen Zerbster sagen: „Och, das war doch ganz in Ordnung.“ Das würde mich sehr glücklich machen. Aber es ist eine Uraufführung und diese lassen sich bekanntlich schlecht vorhersagen. Ich freue mich drauf.

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